Orte: Graz und andere Orte in der Steiermark, Wien; Turku in Finnland; London in Großbritannien; Dublin und andere Orte in Irland; Uppsala in Schweden; verschiedene Orte in den USA; verschiedene Urlaubsorte in Österreich, Afghanistan, Ägypten, Belgien, Bolivien, Brasilien, Bulgarien, China, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Guatemala, Honduras, Hongkong, Indien, Indonesien, Irland, Italien, Japan, Jemen, Jordanien, Kambodscha, Kolumbien, Kroatien, Malta, Mexiko, Nepal, Niederlande, Pakistan, Paraguay, Peru, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Schweden, der Schweiz, Slowenien, Sri Lanka, Spanien, Südafrika, Thailand, Türkei, Ungarn, Usbekistan u.a.; verschiedene Orte an der Front/Kriegsschauplätze im 2. Weltkrieg in Belgien, Frankreich, Lettland, Litauen, Russland u.a. Quellentypen: Tagebuch (Frauentagebuch, Kalender mit tagebuchähnlichen Eintragungen): 7 Bände; Aufzeichnungen in Buchform: 1 Poesiealbum, 1 Kalender mit finanziellen Aufzeichnungen, 4 Reiseverzeichnisse; Korrespondenz (Paarkorrespondenz, Familienkorrespondenz, Freundschaftskorrespondenz, Freundinnenkorrespondenz, Kinderkorrespondenz, geschäftliche Korrespondenz, berufliche Korrespondenz): ca. 900 Schreiben; ca. 300 amtliche Dokumente; Dokumente zur Schul- und Berufslaufbahn: 15 Schulzeugnisse, 1 Schulbericht, 1 Hausarbeit, 13 berufliche Dokumente; ca. 15.000 Fotografien (großteils in 172 Fotoalben), 131 Diapositive; autobiografische Aufzeichnungen: Lebensläufe, Jahresrückblick (ca. 15 Seiten); Weiteres: Theater- und Opernprogramme, Sporturkunden, Zeichnungen, Gepäcksanhänger, Metallaufsteller Zum Bestand: Schreiberin: Inge (Ingeborg Klara) D. (geb. B.); geb. 1928 in Hindenburg (Zabrze) in Oberschlesien, gest. 2014 in Wien
Schreiber: Heinz D.; geb. 1919 in Marburg an der Drau (Maribor) in Slowenien, gest. 1961 in Stuttgart in Deutschland
Übergeber: Nicolas D. (Bevollmächtigter), 2014
Inge (Ingeborg Klara) D. wurde in Oberschlesien geboren. Wenige Monate nach ihrer Geburt übersiedelten ihre Eltern Klara Martha B. (geb. C., 1894-1973) und Anton B. (1887-1965) mit ihr und ihrem älteren Bruder Günter B. (1923-2001) nach Graz in der Steiermark. Der Vater übernahm hier als gelernter Werkmeister eine "leitende Stelle" bei der Firma Felten & Guilleaume. Nach vier Jahren wurde er (vermutlich wegen einer Erkrankung) entlassen. Der berufliche Werdegang von Anton B. ist anhand von 10 Dienstzeugnissen, Lohnzetteln u.a. belegt. Sein preußischer "Militärpaß" wurde zwischen 1908 und 1917 geführt.
Inge D. besuchte nach der Volks- und Hauptschule eine zweijährige Handelsschule in Graz, was anhand von 14 Schulzeugnissen und einem Jahresbericht von 1942/43 belegt ist. Aus ihrer Kindheit und Jugendzeit sind zudem ein undatierter Muttertagsbrief, ein Poesiealbum mit (teilweise deutschnationalen) Einträge von 1938 bis 1953 sowie einige Sporturkunden aus den 1930er- und 1940er-Jahren erhalten.
1944 wurde Inge D. zum "Pflichtjahr" eingezogen, das sie bei einer Familie mit drei Kindern absolvierte, wo sie bis Juli 1945 blieb. Im August 1945 trat sie eine Stelle als kaufmännische Angestellte im Büro des Österreichischen Bauernbundes in Graz an. 1951 heiratete sie Heinz (Heinrich) D. (1919-1961). Nach zwei Jahren Ehe gab Inge D. 1953 ihre Berufstätigkeit auf.
Heinz D. war in Marburg an der Drau (Maribor) geboren worden. Seine Eltern führten in Graz eine "Kolonial-, Spezerei- und Feinkosthandlung", in der er 1934 eine Lehre begann. 1939 wurde Heinz D. als Soldat in den Zweiten Weltkrieg eingezogen, wo er in einem Musikkorps eingesetzt war. Zu Ende des Zweiten Weltkriegs kam er in sowjetische Kriegsgefangenschaft in Rauna (Ronneburg) in Lettland. Nach seiner Entlassung konnte er in Graz als Geiger mit popularer Tanzmusik reüssieren. 1947 vermerkte Inge D. etwa in ihrem aus diesem Jahr erhaltenen Kalender, "Heinz im Radio gehört" zu haben. In den folgenden Jahren war er mehrfach auf verschiedenen Tourneen in Österreich, Deutschland und der Schweiz unterwegs.
1958 reichte Inge D. die Scheidung ein, Heinz D. war der "Beschuldigte" in diesem Verfahren. Aus ihrer Paarkorrespondenz sind insgesamt 190 Schreiben aus dem Zeitraum von 1943 bis 1960 erhalten. Heinz D. starb 1961 in Stuttgart während einer Tournee an einer Blinddarmentzündung. Seine Laufbahn als Musiker ist in den Unterlagen zu Inge D.s Pensionsansprüchen detailliert belegt, darunter befinden sich auch Illustrationen einer seiner Musikgruppen.
Das familiäre und auch berufliche Umfeld von Inge und Heinz D. ist anhand von ca. 500 Fotografien von den 1910er- bis 2000er-Jahren dokumentiert, die in 4 thematisch geordneten Fotoalben eingeklebt sind. Eines der Alben enthält etwa 160 Familien-, Gruppen- und Portraitfotografien von Ausflügen, Hochzeiten und einer Erstkommunion 1934 sowie u.a. ein Gruppenbild aus 1944, das Frauen vor einem Luftschutzbunker zeigt. Zwei von Heinz D. gestaltete Alben zeigen seine Tätigkeit als Musiker anhand von Fotografien, Zeitungsausschnitten, Einladungen und Programmen von Konzerten. Das Album "Meine Dienstzeit" fokussiert seine Tätigkeit im Musikkorps während des Zweiten Weltkriegs von 1939 bis 1945 u.a. in Belgien, Frankreich, Lettland, Litauen und Russland. Die Fotografien zeigen Auftritte, aber auch die russische Zivilbevölkerung und Kriegsgefangene an der Ost- und Westfront.
Inge D. hatte nach ihrer Scheidung im Sommer 1958 eine kurze Anstellung bei einer Firma für Musikautomaten inne. Im Februar 1959 trat sie eine Stelle beim Landesfremdenverkehrsamt für Steiermark der Steiermärkischen Landesregierung an. Im Herbst 1960 übersiedelten Inge D.s Eltern und ihr Bruder gemeinsam nach Wien. Sie ging ihrerseits in die Emigration nach London, wo sie in einem Hotel arbeitete, bevor sie als "deutsche Korrespondentin" zu einer österreichischen Firma nach Dublin wechselte. Ab Sommer 1962 lebte und arbeitete Inge D. wieder in Wien. 1963 war sie noch einmal für drei Monate als Vertreterin einer österreichischen Firma in Dublin tätig, wovon 11 geschäftliche Schreiben erhalten sind.
In Wien lebte Inge D. mit den Eltern in einer gemeinsamen Wohnung, seit den 1960er-Jahren beherbergten sie hier regelmäßig Austauschstudentinnen vom amerikanischen Kontinent. Mit mehreren dieser jungen Frauen blieb Inge D. über Jahrzehnte bis in die 2010er-Jahre in Kontakt, was sie einerseits in einer Sammlung von ca. 300 Grußkarten und zum Teil mehrseitigen Briefen, andererseits in einem Fotoalbum mit der Beschriftung "Unsere amerikanischen Studentinnen" dokumentiert hat. Dieses Album enthält neben Fotografien eine Sammlung von Korrespondenzen, Heiratsanzeigen und Notizen aus einem Zeitraum von 1963 bis 2003.
Ab 1964 arbeitete Inge D. in der Werbeagentur des Bruders. Von 1964 bis 1966 besuchte sie den Abendkurs "für Werbung und Verkauf" an der Hochschule für Welthandel, wovon eine maschingeschriebene Prüfungsarbeit erhalten ist. Ab Oktober 1970 war sie bei der UNIDO beschäftigt. 1975 legte sie als 47-jährige Abendschülerin die Matura ab. Ihre bisherige berufliche Karriere hat sie in 5 vorliegenden Lebensläufen (4 auf Englisch) beschrieben.
Daneben ist eine umfangreiche Sammlung an amtlichen Dokumenten und Ausweisen von Inge D., ihren Eltern Klara und Anton B. sowie ihrem Bruder Günther B. erhalten. Diese decken den Zeitraum von den 1900er- bis in die 2000er-Jahren ab, Themen sind u.a. Scheidung und Unterhalt, Pensionen, Miete, ärztliche Befunde, Hinterlassenschaften, der Haushalt und die Wohnung. Ein Kalender mit Einträgen von den täglichen finanziellen Ausgaben liegt aus 1971 vor.
Ein weiterer Teil des Nachlasses sind umfangreiche Sammlungen von verschiedenen Korrespondenzen, die internationale Freundinnen und Freunden bzw. ein Partner namens Karl zwischen den 1960er- und den 2010er-Jahren an Inge D. adressiert haben. Diese insgesamt ca. 400 Schreiben sind auf Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch sowie vereinzelt stenografisch verfasst. Ihre Schreiber/innen lebten in Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Japan, Schweden und in den USA. Dazu wurde ein metallener Aufsteller der Beschriftung "Letters" aufbewahrt.
Den größten Teil im Nachlass von Inge D. machen ihre enorm umfangreichen Reisedokumentationen aus. Die 140 Ordnermappen und 27 Alben haben zusammen ein Volumen von ca. 12 m3. Dokumentiert hat sie darin Reisen in Europa, Afrika, Asien, Nord- und Südamerika. Die Fotoalben decken den Zeitraum von den 1940er- bis in die 1970er-Jahre ab. Sie sind chronologisch geordnet und durchgängig maschinenschriftlich beschrieben. Ein Album enthält dabei Bilder von jeweils mehreren Ausflügen, Feiern und Reisen. Dokumentiert ist hier u.a. auch Inge D.s Zeit in London und Dublin inklusive ihrer Besuche in Österreich. Aus dem Jahr 1962 liegen zudem 131 gerahmte Diapositive von verschiedenen Reisen vor.
Die Ordnermappen enthalten wiederum meist Fotografien von einer konkreten (Fern-)Reise. Diese sind ebenfalls detailliert beschriftet und wurden um Prospekte, Programme von Rundreisen, Zeitungsausschnitte und Postkarten erweitert. Daneben wurden verschiedene Listen zu den Reisen und Ausflügen angelegt, die insgesamt die „Unternehmungen mit Ingeborg D.“ von 1928 bis 2012 zusammenfassen. Auf einer Weltkarte im Format von ca. 110 x 55 cm hat sie zudem alle von ihr besuchten Orte mit Stecknadeln markiert.
Ereignisse, Ausflüge und Reisen in Österreich von 1974 bis 2008 sind extra in 12 separaten Ordnermappen mit der Beschriftung „Austria“ abgelegt.
Inge D.s Interesse an kulturellen Veranstaltungen spiegelt sich in der Sammlung von Theater- und Opernprogrammen wider, die für den Zeitraum von 1944 bis in die 2000er-Jahre in Kuverts und Mappen angelegt hat.
In den Jahren von 1988 bis 1995 hat Inge D. ein Tagebuch geführt. Der oben genannte Taschenkalender von 1947 enthält nur sporadische Einträge v.a. zu Freizeitaktivitäten oder Treffen mit Heinz D. und ist im Großteil stenografisch verfasst. Die Aufzeichnungen aus den späteren Jahren sind wiederum in 6 verschiedene Schreibhefte und -bücher eingetragen. Sie beginnen mit dem "Tagebuch mit 60. Rückblick zum Geburtstag". Inge D. vermerkte darin täglich meist stichwortartig und in wenigen Zeilen Erledigungen, Termine, das Wetter und ihr gesundheitliches Befinden: "Montag, 19.10.92-Sonnenwetter+warm 9h Gymnastik-arbeite Fotos-Wetter so schön fahre Perchtoldsdorf-Weingartenspaziergang […]. Abends 20.30h Akademietheater-eine blöde Inszenierung-fahre Taxi (120.-) heim." Ausflüge werden mit Angaben der besuchten Orte und zu Aktivitäten zumeist ausführlicher beschrieben.
Aus den Jahre 1995, 1998 und 2002 liegen schließlich maschinengeschriebene und auf Englisch verfasste Jahresrückblicke vor, die Inge D. vermutlich als Weihnachtsbriefe versandt hat. |